Februar 2024
Seit etwa zwei Jahren kündigt sich das Thema an; leise und immer mal wieder anklopfend: die Wechseljahre der Frau. Anfangs, wie es bestimmt bei vielen Frauen der Fall ist, habe ich zunächst nichts bemerkt. Bestimmte Symptone traten auf; am Anfang verhalten, nun sich verstärkend: das erste, das ich bemerkte war, dass sich mein Körperempfinden veränderte. Emotionen, die ich noch vor zwei Jahren gut ausbalancieren konnte, verstärkten sich. Das ist zum Einen die Depression, die sowieso schon durch die PMS verstärkt wurde. Ich stellte fest, dass ich immer häufiger schneller an meine Grenzen kam und die Intensität des Erlebens deutlich zunahm. Was mich zunächst verängstigste. Nach einer gewissen Zeit spürte ich, dass ich mit meiner Frauenärztin sprechen sollte; ich kam mit allen Werkzeugen, die ich habe, nicht mehr weiter. Es war gut, dass ich den Termin gemacht und das Gespräch gesucht habe. In diesem Gespräch gingen wir auf die Symptome ein und die Ärztin erklärte, was sich nun in meinem weiblichen Körper verändert; was es mit dem Eindrücken macht und wie sich bei mir dadurch die Depression bemerkbar macht. Bereits das erste Gespräch verhalf eindeutig zur Entlastung; ich stand dem nicht mehr alleine gegenüber. Auch ergab sich aus diesem Gespräch, dass ich feststellte, dass ich meinen Alltag und meine Abläufe allmählich auf mein Alter und meine derzeitigen Bedürfnisse anpasse: bestimmte Nahrungsmittel vertrage ich nicht mehr so gut wie früher: Kaffee zum Beispiel oder Schokolade. Die typischen Hitzewallungen sind noch nicht eingetreten. Die Migräne wird deutlich spürbar intensiver: war es anfangs noch der typisch ziehende Schmerz über den Kopf, so äußerst sich dies nun in Augenblitzen (auch Aura genannt) bzw. in Lichtempfindlichkeit, Schwindel verbunden mit teilweise Übelkeit. Es gibt Tage, an denen ich gefühlt komplett ausgeknockt bin. Hier war es für mich hilfreich, Abläufe neu zu definieren, wie z. B. in diesen akuten Phasen keine schweren Einkäufe, die ich über der Schulter tragen muss, zu tätigen. Viel zu trinken, moderate Bewegung. Das, was eben machbar ist. Schon zur der Zeit, als Leonardo noch bei mir war, habe ich festgestellt, dass es in meinem Alltag als Single mit einem Familienmitglied (und es macht keinen Unterschied, ob dies ein Kind oder ein Hund ist), IMMER Aufgaben unerledigt bleiben. Wirklich immer. In dieser Zeit habe ich viel gelernt: rigoros Prioritäten zu setzen, Pausen zu machen, in kleinen Abschnitten zu arbeiten. Und auch mal zu lächeln, wenn ich den unerledigten Aufbaben hilflos, übermüdet, erschöpft und auch mal wütend gegenüberstand. Fakt ist: ich werde nicht mehr jünger, dafür älter. Mein Körper stellt sich um. Wo er noch einige Jahre zuvor besser damit umgehen konnte, wenn ich etwas weniger getrunken habe, so sagt er mir heute schon wesentlich früher, dass es jetzt Zeit ist, etwas zu trinken. Gut zu essen; und damit meine ich, sich Zeit zu nehmen. So oft es geht, etwas zu kochen, was ich auch mache. In diesem Zusammenhang bin ich immer mehr weggekommen von „genau nach Anleitung“ und „anspruchsvolle Küche“, und mehr zu: was habe ich heute und was kann ich daraus machen? Eine gute Basis ist ausreichend: frische Zutaten, die ich wahlweise mit Reis und/oder Pasta kombiniere.
Letztens, auf der Arbeit, sprach ich mit meiner Kollegin, die ebenfalls um die fünfzig Jahre alt ist, über die Symptome der Wechseljahre, und wie Frauen mit diesem Symptomen von der Umwelt häufig noch als „hysterisch“ bezeichnet werden. Wir waren beide derMeinung, dass Männer bestimmt auch solche Phasen haben, nur eben anders, so wie männliche Abläufe im Körper eben aufgebaut sind. Eine männliche studentische Aushilfe, die gerade dazukam, hörte unsere Worte. Er schaltete sich gleich ein: „Wie, Männer haben auch diese Phasen?“. Meine Kollegin und ich mussten beide lachen; wir erklärten, dass sich der Körper von Frauen mit Eintritt der Wechseljahre verändert, und das bei Gott keine Hysterie ist (wobei Hysterie tatsächlich ein klinisches Krankheitsbild ist, welches im ICD 10 mit seinen Symptonen aufgeführt ist), sondern vielmehr der Umstellung der Hormone geschuldet ist. Kurz gingen etwas die Nackenhaare bei dem Kollegen hoch, doch er hatte sehr schnell erkannt, dass wir weder ihn als Mann noch seine Persönlichkeit damit gemeint haben, sondern schlicht den medzinischen Aspekt meinten.
Ergänzend möchte ich noch folgenden Hinweis aufführen: bei meinem letzten Termin sprach mich meine Frauenärztin auf die Krebsvorsorgeuntersuchungen für Frauen ab 50 Jahren an. Man muss nichts tun; wenn man beim Einwohnermeldeamt erfasst ist, bekommt man einen Termin zugeschickt (und ja, der Brief ist bereits eingetroffen).
Brustkrebs ist die häufigste Krebserkrankung bei Frauen. Ich war jetzt nicht diejenige, die die Brust regelmäßig abgetastet hat; was im Nachhinein nichts ist, worauf ich stolz bin. Frauen sollten das als festen Bestandteil des Alltages einführen. Ich habe es nicht geschafft, das zu integrieren, da ich es abends aus Müdigkeit schlichtweg vergessen habe. Und eigentlich sollte genau dies der Ansporn sein, dass sich Frauen für diese fünf Minuten die Zeit zu nehmen. Frauen, das habe ich erst mit der Zeit mit Leonardo erkannt, sind absolute Leistungsträger. Bei ihnen laufen soviele Fäden zusammen, und sie erledigen ihre Aufgaben, ohne etwas dafür zu wollen. So, wie es für viele ihre Mütter ihnen mit auf den Weg gegeben haben. Gerade für diese Frauen ist es oftmals eine Mammutaufgabe, sich Zeit in ihrem dichtgepackten Alltag freizuschaufeln, sich auszuklinken, um für sich selbst zu sorgen. Frauen stellen sich stets an die letzte Stelle; Mütter, Ehefrauen, Ehepartnerinnen, Berufstätige mit Familie. Diese fünf Minuten wird kein anderer ihnen freimachen, und genau deshalb ist es so wichtig, dass diese Frauen anfangen, sich diesen Raum zu nehmen. Ihren Stellenwert an die erste Stelle zu setzen. Es ist ein langwieriger Prozess, doch er ist möglich; er ist notwendig.